Qualitätsmedizin Schweiz

Projekt 2023 / 2024

Darstellung von Verfahrens-Unterschieden in der Patientenversorgung anhand qualitätsrelevanter Tracer-Indikationen im Spital

Kosten-Nutzen-Analysen mit Konzeption von Qualitätsgekoppelten Verträgen

Motivation

Variationen in der Anwendung medizinischer Verfahren, Abweichungen bei klinischen Prozessen zwischen ähnlichen Institutionen und damit verknüpfte unterschiedliche Behandlungsergebnisse sind umfassend beschrieben. Um den Transfer von Kenntnissen der Evidence-based medicine (EBM) in den klinischen Alltag zu fördern, soll ein weitergehendes Instrument für eine möglichst rasche und breite Umsetzung von Leitlinien erarbeitet werden. Hierzu werden Kriterien zur Identifikation von Verfahrensunterschieden (Tracer) ermittelt, die auch an die vorhandenen ambulanten und stationären Finanzierungsmodalitäten gekoppelt werden können.

Projektziele

Für ausgewählte Patientengruppen werden medizinische Identifikationsmerkmale (Tracer) auf der Grundlage der vorhandenen Patientendokumentation (Routinedaten) erarbeitet, die sich an der Umsetzung von qualitäts-steigernden Prozessen orientieren. Mit diesem Ansatz soll flächendeckend die Implementierung von Leitlinien nach den Regeln der Evidence-based Medicine geprüft und später die Möglichkeit einer Berücksichtigung in Qualitätsverträgen und / oder einer finanziellen Incentivierung geschaffen werden.

Das Projekt wird mit dem Ziel einer Verbesserung der Patientenversorgung sowohl die Interessen der Leistungserbringer als auch der Kostenträger aufnehmen (value based healthcare): Es fördert “best practice” für neue Verfahren und die Umsetzung in der klinischen Routine. Dabei werden Einsparungen entlang der Versorgungskette aufgezeigt und quantifiziert, um den Mehrwert der Umsetzung von Leitlinien-konformen Prozessen monetär zu bewerten. Hierzu werden Studiendaten (cost-effectiveness Analysen) zum jeweiligen Behandlungsprozess recherchiert und für diese Art der Bewertung herangezogen. Anhand konkreter klinischer Beispiele soll aufgezeigt werden, dass es möglich ist, die notwendigen Prozess- und Strukturkriterien auf Basis der vorhandenen Patientendokumentation (Medizinische Statistik bzw. minimal clinical data set des BFS) zu erfassen und Fall-bezogen hinreichend zu beschreiben. Für die Kostenträger ergibt sich hieraus ein Bild der regionalen Versorgungslandschaft mit einem umfassenden Eindruck, welche Spitäler in welchen Spitalkategorien die Leistungen in der definierten (höheren) Qualität anbieten.

Hintergrund

Eine aktuelle Erhebung von Krankenkassen in Deutschland zeigt auf, dass ein substanzieller Anteil von Herzinfarktpatienten (7% im Jahr 2020) nicht in den dafür ausgestatteten Krankenhäusern und unter Einhaltung von Vorgaben zu den entsprechenden Mindestfallzahlen erstversorgt wurde. Dies war der Fall, obwohl eher ein Überschuss an durchgehend verfügbaren Herzkatheterlaboren besteht. 

Neben der Akut- und Notfallmedizin sind auch interdisziplinäre Behandlungsbereiche, wie die Onkologie, durch unterschiedliche Qualitätsniveaus gekennzeichnet. Hier ist die „Gelegenheitschirurgie“ zwar rückläufig, diese findet jedoch immer noch statt. Viele der behandelnden Kliniken in der Schweiz sind bereits als Tumorzentren zertifiziert, es fehlt jedoch der wichtige, weil direkte Bezug zum einzelnen behandelten Patienten.

Es gibt in der Schweiz vereinzelt Projekte, um den Patientennutzen entlang eines spezifischen Behandlungspfades zu erhöhen. Trotz messbar positiver Effekte sind diese Ansätze mit grösserem Aufwand verbunden und damit im Hinblick auf Generalisierbarkeit bzw. Skalierbarkeit limitiert. Die Arbeiten im Rahmen des Projektes sollen die vorhandenen Qualitätsbemühungen, wie Qualitätsberichte, Qualitätskennzahlen und Mindestfallzahlen dahingehend ergänzen, dass ein vertiefter Einblick in die Umsetzung zeitgemässer, respektive evidenzbasierter Medizin und in qualitätsgeprüfte Behandlungsprozesse ermöglicht wird.

Stand der Arbeiten

Es wurden verschiedene konkrete Indikationen als so genannte Referenzbeispiele definiert, anhand derer das Konzept überprüft und umgesetzt wird. Der Fokus des Projektes liegt auf sogenannten „planungsrelevanten Qualitätskriterien“ und damit auf der Möglichkeit, Qualitätsunterschiede für spezifische Leistungen zwischen den Leistungserbringern und deren Eignung für die Erbringung dieser Leistung(en) auf der Basis von Prozesskriterien zu identifizieren. Diese Informationen können neben weiteren Kennzahlen, wie den bekannten Mindestmengen, dem Sozialversicherer dabei helfen, selektive Verträge einzugehen. Das ökonometrische Modell zur Berechnung von Differenzkosten kann zusätzlich helfen, einen allfälligen höheren Aufwand zum Zeitpunkt der stationären Leistung, Kosteneinsparungen über die gesamte Versorgungskette ambulant-stationär und das erzielte Mehr an Qualität zu quantifizieren.